Extraktionstherapie heute

Aber wie sieht es heute mit diesem Thema aus? Einem zahnärztlichen Fachjournal konnte ich entnehmen, dass die kieferorthopädische Extraktionsrate in Hamburg bei nur 10 % der Fälle lag, während die Kollegen in Hessen bei über 30% der Patienten bleibende Zähne herausreißen lassen. Da drängt sich gleich die Frage auf, ob, und wenn ja, welche anderen Merkmale die Spezies Hamburgensis gegenüber den erbarmungslosen Hessenitern hat. Oder sind die Lehrmeinungen an den hiesigen Universitäten so unterschiedlich (Hasund versus Panscherz)?

Der momentane Trend geht wieder eindeutig in die Richtung der Intentionen des Herrn Dr. Angle, eine Extraktionstherapie zu vermeiden, wenngleich aus gesundheitspolitischen Überlegungen die kürzere Extraktionstherapie sowohl für den Staat als auch für den behandelnden Kieferorthopäden lukrativer ist. Als Kieferorthopäde erspart man sich zumindest die Notwendigkeit ausführlicher Gespräche mit den Eltern über eine aufwändigere, bessere, aber dann selbst zu zahlende Kieferorthopädie.

Kieferorthopädische Extraktionstherapie & MedizinExtraktionstherapie heute

Die generelle Frage lautet hier: Was ist der medizinische Vorteil für oder gegen eine kieferorthopädische Extraktion? Da es laut DIMDI-Studie 2008 des BGM den Kieferorthopäden ja noch nicht einmal gelungen ist, zu klären oder zu beweisen, ob die Kieferorthopädie überhaupt Medizin ist; und wenn ja, in welcher Hinsicht; mangelt es umso mehr an guten Argumenten für oder gegen eine Extraktionstherapie. Einen entsprechenden sauberen wissenschaftlichen Beweis für die Extraktionstherapie gibt es nicht. Die Zukunft wird zeigen, ob der immense Nachholbedarf der Universitäten zumindest in Deutschland zu einer Flut von wissenschaftlichen Dissertationen führen wird, die den Beweis für die medizinische Bedeutung des Faches Kieferorthopädie antreten wollen. Zu hoffen wäre dies, um endlich ein solides Fundament für das eigene Fach zu schaffen.

Das alles hilft mir im Moment als Praktiker vor Ort kein bisschen weiter. Mit dem Wissen, dass jede Zahnextraktion ein bedeutender exkorpulierender Eingriff unter Entfernung eines gesunden Organes darstellt und im juristischen Sinne eine mit Vorsatz und Verordnung zu verantwortende Körperverletzung an zumeist jugendlichen Patienten oder gar Kindern ist, stehe ich nun alleine mit meiner Verantwortung und Entscheidung „Zähne ziehen? Ja oder nein?

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