Röntgenstrahlenbelastung

Teil - 3 - Veröffetlichung KFO-IG: Interview zur Aufklärung des Patienten über die Röntgenstrahlen

Frage, Rainer Munker: Stopp! das war jetzt alles zu schnell und etwas zu viel! Wie ist das mit der Stochastik? Das Wort kenne ich doch noch aus der Mathematik!

Antwort: Ganz lapidar gesagt: Wenn bei der Einnahme von einem Liter reinen Alkohols die Sterblichkeitsrate angenommen bei 50% liegt, müssten beim Trinken von einem Schnaps (20ml) 10 von tausend Menschen direkt daran sterben. Kein Mensch käme auch auf die Idee, den Alkoholgehalt von Brot (0,2-0,3 % oder von einer reifen Banane 0,6-1,2% mit dem Alkoholgehalt von achtzigprozentigem Strohrum zu vergleichen.

Kein Mensch würde je die Hypothese aufstellen, dass selbst ein einziges Alkoholmolekül der Auslöser für eine Leberzirrhose oder einen Leberkrebs sein könnte, wenn er nur aus einem Fruchtsaft (0,2-0,4 Vol %) stammt. Aber genau das passiert bei dem hinkenden stochastischen Vergleich mit den Röntgenstrahlen, nur dass hier nicht eins zu hundert, sondern eins zu hunderttausend verglichen und ins analoge Maß von Sterblichkeitswahrscheinlichkeiten gesetzt wird. Dass dem nicht so ist, weiß wohl jeder. Aber leider werden hier nicht immer die richtigen Modelle zur Erklärung von Schäden und Gefahren benutzt. Sogenannte evidenzbasierte Studien zur direkten Gefahr von zahnärztlichen Röntgen Strahlen gibt es bis heute nicht, bzw. sind mir trotz intensiven Literaturstudiums nicht bekannt. Das heikle Thema braucht hier schon eine vorsichtige Formulierung. Eine Forschergruppeaus Japan konnte für sämtliche Strahlenbelastungen unterhalb von 100 μSv keinen Nachweis auf schädliche Wirkungen feststellen.

Eine interkontinentale Flugreise hin und zurück (80-200 μSv), sowie eine Schachtel Zigaretten (enthält radioaktives Polonium) haben eine höhere Strahlenexposition zur Folge als ein DVT des gesamten Schädels. Dieses Thema ist sicherlich nicht zu vernachlässigen, wir sollten aber doch die enormen Vorteile für die Medizin von heute sehen, die durch die modernen Röntgenverfahren, einschließlich der höher belastenden CTs entstehen. Nicht allzu selten führen diese Diagnostiken zur lebensrettenden Therapie. Speziell die 3D Röntgentechnik ist von entscheidendem Vorteil für die Beurteilung pathologischer Prozesse.

Frage, Rainer Munker: Jetzt bin ich aber neugierig! Können Sie hierfür ein Beispiel nennen?

Antwort: Oh, da gibt es sicherlich eine ganze Menge und ich werden hier noch einige nennen, aber das für mich wohl beste und berühmteste Beispiel ist der Ötzi.

Frage, Rainer Munker: Der Ötzi? Warum denn das?

Antwort: Als man diesen Kerl 1991 im Eis gefunden hatte, stand wohl eine ganz zentrale Frage im Raum. Woran ist dieser Eismensch wohl gestorben? Diese Eismumie gehört bis heute zu den am besten untersuchten Körpern eines Menschen. Trotzdem hat man selbst nach zehn Jahren und nach etlichen Untersuchungen und Röntgenaufnahmen seine Todesursache nicht feststel-len können (Abb. 5).

Frage, Rainer Munker: Und wie wurde der Fall dann aufgeklärt?

Antwort: Kaum zu glauben, aber erst nach über zehn Jahren kam die Todesursache durch eine 3D-Aufnahme einer CT zum Vorschein. Tausende Radiologen auf der ganzen Welt hatten vorher die Pfeilspitze im Rücken der linken Schulter schlichtweg übersehen! (Abb. 6)

Röntgenbild Ötzi

Abb.5 Röntgenthorax des Ötzi. Rechts oben unter dem Schlüsselbein ist die Pfeilspitze zu erkennen, wenn man es weiß!

DVT Ötzi

Abb.6 Im 3D-CT ist dann jedem die Pfeilspitze in der linken Schulter (rechts oben) des Ötzi aufgefallen

Frage, Rainer Munker: Die neuen Möglichkeiten zur Verbesserung der Implantatpositionen mit einem DVT sind ja sehr interessant. Wenn dem so ist, dann sollte sich doch jeder Zahnarzt ein 3D-Röntgengerät anschaffen.

Antwort: Sicherlich, da gibt es allerdings dann doch einige Hürden. Zum einen sind die Geräte sehr teuer. Dann braucht der Zahnarzt speziell hierfür eine Ausbildung und Zulassung zum Betrieb und zur Befundung. Viele Zahnärzte haben Angst, dass sie aufgrund der hohen Informationsdichte einen wichtigen Befund übersehen und hierfür zur Rechenschaft gezogen werden könnten. Dem kann ich nur entgegen halten, dass die Radiologen aller Welt mit dem Ötzi-Befund nicht gerade besser waren! Und nicht zuletzt ist diese Aufnahme keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen und die meisten privaten Krankenkassen sträuben sich regelrecht mit allen nur erdenklichen Mitteln, die Kosten für solch eine Aufnahme zu erstatten.

Veröffentlichung: Aufklärung zur Röntgenstrahlung

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