Aufklärung Röntgenstrahlung

Teil - 1 - Veröffetlichung KFO-IG: Interview zur Aufklärung des Patienten über die Röntgenstrahlen mit Prof. Dr. Gerhard Polzar KKU und Rainer Munker

Liebe Kollegen und Leser, der folgende Artikel, gestaltet als Interview mit einem Redakteur einer Zeitschrift ist ein Beispiel oder Versuch, unsere Patienten aufzuklären. In meiner mehrjährigen Tätigkeit als Referent für Kieferorthopädie musste ich doch mit Erstaunen fest-stellen, dass die meisten Kollegen, ebenso wie unsere Patienten, keine rechte Vorstellung von Strahlenemission und Strahlenbelastung hatten. Ich konnte ebenso keinen Kollegen finden, der mir eine sichere Auskunft über die Äquivalenzdosis seines eigenen verwendeten Röntgengerätes geben konnte.

Da die in der Medizin angewendeten Strahlen zur Röntgendiagnostik nicht nur um das Zehnfache sondern um das Tausendfache (Low Dose DVT = 17μSv, Abdomen bis 17.000 μSv!) und mehr (Digitaler Zahnfilm ca. 2-5μSv) schwanken, ist hier eine entsprechende Aufklärung ob des vorhandenen Strahlenrisikos sicherlich geboten, um unseren Patienten die Angst vor der erforderlichen diagnostischen Aufnahme zu nehmen. Was man sich sicherlich gut merken kann, ist die 5μSv Regel. 5μSv haben wir bei:

  • 1 Stunde Flug in ca. 10.000 Metern Höhe,
  • einer Zigarette (Polonium Alphastrahler),
  • einen Tag natürlicher mitteldeutscher Strahlenbe-lastung,
  • einer Stunde Aufenthalt im Schwarzwald,
  • einer Zahnfi lmaufnahme in guter digitaler Qualität.

Eine DVT-Aufnahme mit einem neuerem Gerät - z.B. dem WhiteFox-DVT der Firma Acteon entspricht:

  • 3-5x5μSv oder darunter = DVT eines ganzer Schädel in Low Dose Qualität
  • 8-10x5μSv oder darunter = DVT von OK und UK bis Pharynx in bester Qualität (StandartAufnahme)
  • 16-20x5μSv oder darunter= DVT Großaufnahme des gesamten Viscerocraniums (z.B.: FOV 17x20)

Gerne bin ich für Kritik Ihrerseits offen und ich würde mir ebenso wünschen, wenn andere Kollegen hier einen Beitrag zur Aufklärung unserer Patienten, auch in anderen Bereichen der Kieferorthopädie veröffentlichen und zur Diskussion stellen. Viel Spaß beim Lesen.

Frage, Rainer Munker: Das letzte Mal, als ich in Ihrer Praxis war und über Schmerzen in der linken Wange klagte, hatten Sie ein ganz besonderes Röntgenbild gemacht, um festzustellen, woher meine Schmerzen kamen.

Antwort: Ja das stimmt! Unsere Praxis verfügt über ein DVT, was so viel heißt wie Digitale Volumen Tomographie.

Frage, Rainer Munker: Was ist der Unterschied von solch einem Gerät zu den herkömmlichen Röntgenaufnahmen?

Antwort: Mit den herkömmlichen Aufnahmen einer Zahnarztpraxis können nur zweidimensionale Durchleuchtungen gemacht werden. Dadurch entstehen durch die Überlagerungen viele Artefakte, oder es werden wichtige Details einfach unsichtbar. Man kann nie ganz genau bestimmen, wo der zu befundende Teil sich gerade befindet.

Frage, Rainer Munker: Das heißt, mit den herkömmlichen Röntgenaufnahmen kann man nicht bestimmen, wo man gerade ist.

Antwort: Ja, es wird mitunter sehr schwierig, die Lage eines Befundes oder eines Implantates genau zu bestimmen. In Ihrem Fall konnten wir feststellen, dass die Schmerzen eben nicht vom Zahn ausgingen, sondern von einer Flüssigkeitsansammlung in der Kieferhöhle stammten. Diese werden Epulitiden oder Mukozelen genannt und treten häufiger auf. Das Sekret der Kieferhöhle sammelt sich unter der obersten Hautschicht und kann durch ein Niesen zerplatzen. Es kommt dann plötzlich zu einer Entleerung durch die Nase, wie bei einem Schnupfen und das ist völlig harmlos. Ich selbst hatte mal so eine Mukozele und sie ist mir nach einem Tauchgang durch den Druckunterschied direkt noch an der Wasseroberfläche geplatzt. Da hätten selbst vier Taschentücher nicht gereicht. Aber wie gesagt, eine völlig harmlose Sache. Manchmal kommen solche Flüssigkeitsansammlungen in der Kieferhöhle auch von einem erkrankten Zahn und da ist dann wirklich Eile geboten, um diesen Zahn zu retten.

Frage, Rainer Munker: Aber was ist nun genau der Unterschied zu dem herkömmlichen Röntgen?

Antwort: Herkömmliche Röntgenaufnahmen sind zweidimensionale Abbildungen von dreidimensionalen Körpern. Die DVT-Aufnahmen sind echte 3D-Aufnahmen. So hat man eine viel bessere Orientierung und kann sich in der Anatomie ganz genau zurechtfinden. Gerade beim Setzen von Implantaten ist es enorm wichtig, dass man sich dreidimensional orientieren kann. Ich habe bisher kaum Implantate gesehen, die anatomisch ganz korrekt gesetzt wurden. Leider nutzen immer noch zu wenige Implantologen die Vorteile der 3D-Röntgentechniken. Um ein Implantat mit 100%iger Sicherheit ganz genau setzen zu können, und sich nicht nur auf die eigene Tagesform zu verlassen, braucht man mittels 3D Röntgen hergestellte Bohrschablonen, die sowohl den Anbohrpunkt, als auch die Achsenrichtung des Bohrloches ganz genau vorgeben. Damit kann verhindert werden, dass das Bohrloch zu tief gesetzt wird und somit in der Kieferhöhle oder in einem Nerven landet. Ich selbst halte Implantat-Bohrschablonen für eine absolute Notwendigkeit, um dem Patienten ein sicheres, planvolles Vorgehen garantieren zu können.

Frage, Rainer Munker: Heißt dass, die meisten Implantate werden schief im Knochen eingesetzt?

Antwort: Ja, leider ist das nach meiner Erfahrung der Fall. Dies kann dann auch zu Schmerzen, Absackungen, Perforationen und letztendlich zum Verlust der implantatgetragenen Prothetik führen. Ein guter Freund von mir hatte sich bei einem renommierten Implantologen eine komplett implantatgetragene Prothetik einsetzen lassen. Nach zwei Jahren klagte er über Schmerzen auf der linken Seite und dass sein Biss nicht mehr so richtig stimmt. Im DVT sieht man (Abb. 1, hier grün dargestellt) schon als Laie, dass die Implantate nicht orthoaxial eingeschraubt wurden. Das untere Ende des Implantates ragte sogar aus dem Knochen heraus (Abb 2)!

Frage, Rainer Munker: Aber Implantate gibt es doch schon sehr lange, und das neue Röntgenverfahren mit DVT erst seit ein paar Jahren? Wie hat man sich dann früher beholfen?

Antwort: Wenn man sich nicht ganz auf seine Erfahrung verlassen wollte, so war es notwendig ein CT (Computertomogramm) herstellen zu lassen (Abb. 3). Der Nachteil eines CT‘s ist jedoch, dass hier in vielen kleinen Schichten über eine längere Zeit hinweg durchgehend geröntgt wird und die Zwischenräume jeder Einzelaufnahme dann erst errechnet werden müssen. Dabei ist der Patient einer wesentlich höheren Strahlenbelastung ausgesetzt, als bei einem DVT, welches aus z.B. 160-520 Einzelbildern im Kegelstrahl, einer 3D-Basis, zusammengesetzt wird. Zu Beginn dieser Technik wurde deshalb auch von Cone-Beam CT gesprochen. Im englischen Sprachraum sagt man auch heute noch CBCT statt DVT.

DVT Röntgenbild

Abb.1 Ober- und Unterkieferprothetik auf Implantatpfosten

Abb.2 Ansicht auf den hinteren Unterkieferkamm. Das letzte Implantat ragt deutlich aus dem Knochen heraus.

DVT Oberkiefer

Abb.3 CT-Aufnahme zur virtuellen Bestimmung der Implantatgröße und Position.

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