Die Erstattung kieferorthopädischer Leistungen bei jugendlichen gesetzlich versicherten (GKV-) Patienten wurde seit 2001 mit der Einführung der Kieferorthopädischen Indikationsrichtlinien (KIG) erheblich gekürzt.
Seither haben nur noch (nach Wunsch des Gesetzgebers) ca. 50% der behandlungsnotwendigen Patienten einen Anspruch auf Leistungsunterstützung durch die gesetzlich versicherten Krankenkassen. Ein sehr restriktiv gehandhabtes Gutachterwesen überprüft die Einhaltung dieser familienfeindlichen Richtlinien.
Die Bestimmungen des KIGFs sind willkürlich durch ein Assistentengremium der Universität Frankfurt unter Leitung von Prof. Schopf erstellt worden. Individuelle Begebenheiten werden hier nicht berücksichtigt. Mit Angaben von Millimetermaßen werden die Kinder entsprechend ein- oder Ausge-KIG-t.
Ebenso wurde der Zeitpunkt für den Beginn eine gesetzlich unterstütze kieferorthopädische Behandlung sehr weit nach hinten verlegt, so dass ein sinnvolles und sicheres Ausnutzen des natürlichen Wachstums der Kiefer nicht immer gewährleistet ist. Hier waren keine Experten am Werk, sondern Assistenten ohne entsprechend notwendige Berufserfahrung. Schwierig, erblich bedingte Anomalien, wie der tiefe Deckbiss mit Rücklage des Unterkiefers fallen in diesem metrischen Schema direkt vollständig heraus. Die Folge bei einer Unterlassung der Behandlung sind häufig im Erwachsenenalter Zahnschmelzschäden durch Abrasion und auch Kiefergelenkserkrankungen.
Während in den 1990er Jahren von den Krankenkassen Kosten von bis zu 14.000 DM vollständig von den Krankenkassen übernommen wurden, werden von den bis heute im Preis stagnierten Kosten (heute ca. 6.000-7.500€) nur jeweils 3.200-4.500€ von den Krankenkassen übernommen. Hiervon muss der Patient/Eltern zunächst 20% selbst tragen. Erst nach Bescheinigung des erfolgreichen Abschlusses durch den behandelnden Kieferorthopäden bekommen die Eltern nach Abschluss der Therapie und nach Abschluss der einjährigen Retention ihre ca. 600-800€ zurückerstattet. Dies soll eine konsequente Mitarbeit fördern.
Zusätzliche Kosten, die zum Teil unumgänglich sind (Kiefergelenkuntersuchung) werden nicht mehr von der Kasse unterstützt. Es wurde an der fortlaufenden Diagnostik und an der Erstattung der Laborkosten zum Teil erheblich gespart. Ebenso werden nur 4 Fotos zur Auswertung übernommen, ein Antikariesschutz bei fester Zahnspange wird nicht vergütet und die Abschluss retentionsschien wird in der Regel auch nicht bezahlt. Ein sicheres Retentionskonzept zur Vermeidung wieder schiefer Zähne ist das Anbringen eines dauerhaften Drähtchens hinter die Front-und Eckzähne. Auch dies wird nicht von den Kassen getragen, bzw. in Ausnahmefällen nur ein Bruchteil der Kosten erstattet. Kommen noch zusätzlich besonders effektive Behandlungsmittel wie Power-Scope, SUS, Wilson-Technik oder Distal Carriere zum Einsatz, so erhöhen sich die nicht erstattungsfähigen Kosten für die Eltern.
Die Bewilligung der anfallenden Laborkosten werden häufig auf ein derart geringes Maß reduziert, dass eine sinnvolle das Wachstum begleitende Mehrphasentherapie mit herausnehmbaren Zahnspangen und fester Zahnspange kaum noch durchführbar ist. Auch hier können zusätzlich Kosten anfallen, die der Patient/Eltern selbst zu tragen hat. Obwohl die Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung durch stringente Sparmaßnahmen der Gesetzgeber und Krankenkassen in den letzten 20 Jahren quasi eingefroren wurden, sind die Eigenbelastungen um ein Vielfaches gestiegen.