Was ist aber mit Patienten, die einen noch größeren Engstand aufweisen, oder bei denen eine ausgeprägte skelettale Unterentwicklung der Kieferbasen vorliegt. Eine dann notwendige Zahnextraktion hätte neben der ästhetischen Verbesserung keinen sichtlichen medizinischen Nutzen. Der Schaden einer skelettalen Unterentwicklung wäre durch die Extraktionsmaßnahmen für alle Zukunft manifestiert.
Distraktionsosteogenese: wann-wie-wo-warum?
Die forcierte Gaumennahterweiterung nach Haas 9 mit Hyrax-Apparaturen ist seit den 60er Jahren das Mittel der Wahl zur Verbesserung der skelettalen Strukturen im OK und gehört mit einigen Variationen heute zum Hausgebrauch eines jeden Kieferorthopäden. Erfahrungsberichte der Patienten, über eine verbesserte, gesteigerte Fähigkeit zur Nasenatmung begeistern immer wieder.
Die Notwendigkeit einer chirurgischen Unterstützung mit lateraler Schwächung der Kompakta ist ein Streitpunkt der Befürworter dieser Technik. Während einige Kollegen wie Winsauer, einer chirurgischen Unterstützung der Gaumennahterweiterung eher ablehnend gegenüber stehen, halte ich eine Reduzierung der lateralen Kompakta ab einem Alter von 18-23 Jahren zur Reduktion der Rezidivgefahr für indiziert.
Letztendlich bleibt als entscheidender Indikator zur notwendigen Extraktion der ausgeprägte Engstand im Unterkiefer mit zu schwacher apikaler Basis übrig. Da zum Ausgleich der Okklusion noch weitere Extraktionen erforderlich werden, endet dieses Szenario nicht selten mit dem Verlust von vier bleibenden gesunden Zähnen.
Dass dies allerdings dennoch nicht notwendig sein muss, bewies erstmals Guerrero 1990 6 mit der Möglichkeit der medianen Durchtrennung der mandibulären Symphyse und der anschließenden transversalen Distraktionserweiterung des Unterkiefers. Hierdurch ist eine echte Knochenneubildung in jedem Alter generierbar. Obwohl schon seit nunmehr 21 Jahren bekannt, wird diese Therapie der realen Osteogenese kaum angewandt.
Vergleicht man den chirurgischen Eingriff einer Zahnextraktion mit dem einer Distraktionsosteogenese, so gelangt man zu der Erkenntnis, dass die Zahnextraktion zumindest gleichermaßen invasiv ist. Die Folgen sind jedoch konträr mit einer Verschlechterung der vitalen Substanz verbunden.
Ein Beispiel Hyrax-Apparatur
Patientin vor und nach der Behandlung

Patientin mit ausgeprägter transversale Enge, Frontzähne stehen im Kopfbiss/Kreuzbiss und in Staffelstellung.

Patientin nach erfolgreichem Behandlungsabschluss mit u.a. Hyrax-Apparatur
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