ASR in der Kieferorthopädie

Als ein Vorreiter der Erwachsenenkieferorthopädie und bekannter Referent gilt Prof. Zachrisson. Er zählt zu den Pionieren der Zahnumformung mittels Schmelzreduktion, nicht nur im Approximalbereich 32 der Frontzähne, sondern auch bei Nichtanlagen oberer seitlicher Inzisiven und folgender Umgestaltung der Eckzähne zu Schneidezähnen. Weitere Empfehlungen hierzu sind u. a. von Prof. Jost-Brinkmann.

Allen Studien gemeinsam ist, dass für den UK ca. 8 mm und den OK ca. 10 mm an Platzgewinn durch ASR möglich sei. Ley et al. geben für den OK einen Höchstwert von 10,2 mm und im UK 8,6 mm für eine ASR bis zu den ersten Molaren an 14 . Das sind bei einer durchschnittlichen Prämolarengröße immerhin schon 1 bis 1 ½ Prämolaren. Mit optimaler Verankerung und behutsamer Zahnbewegung wäre hier bei einer Vielzahl von Extraktionsfällen ein Zähneziehen obsolet.

ASR Approximale Schmelzreduktion

Abb. 1 Afrikanische Frau aus Äthiopien vom Stamm der Bench mit 4 beschliffenen Frontzähnen (mit freundlicher Genehmigung von Roland Garve (Ethnologe, Buchautor u. Zahnarzt). Die rituellen Beschleifungen führen nicht zu einem Pulpaschaden. Sie gelten als Stammes- und Reifezeichen.

Problematisch bei diesen Empfehlungen sind immer die Millimeterangaben, da sie in der Praxis auf den jeweiligen Patienten in Folge zu großer Unterschiede in Zahngröße und Zahnmorphologie gar nicht umsetzbar sind. Während bei einem Patienten mit kleinen, schmalen Zähnen eine ASR nur bedingt durchführbar ist (max. 6 mm je Zahnbogen), ohne dass mit einem Dentintrauma zu rechnen ist, können bei übergroßen Zähnen durchaus auch 14-16 mm Platzgewinn möglich sein. Als Richtschnur gilt, dass maximal die Hälfte des vorhandenen Zahnschmelzes geopfert werden sollte. Ethnische Zahnschmelzreduktionen bei verheirateten afrikanischen Frauen oder brasilianischen Mädchen aus bestimmten Stammesgebieten zeigen, wie weit man gehen könnte, ohne einen vorzeitigen Zahnverlust oder eine Pulpanekrose zu provozieren (Abb. 1).

Doch wie kann ich die Dicke des Zahnschmelzes individuell messen, außer mit DVT? Und ist es im Einzelfall nicht vielleicht doch besser ⅔ oder gar ¾ des Zahnschmelzes zu opfern, wenn dafür eine Zahnextraktion vermieden werden kann? Was bei Urvölkern schadlos zur Erfüllung der Stammesriten verrichtet wird, müsste zumindest ansatzweise auch für die zivilisierte Bevölkerung möglich sein, wenn dadurch eine Zahnextraktion verhindert werden kann.

Oder spielt es eine Rolle, wie alt der Patient ist? Ich selbst musste die leidvolle Erfahrung machen, dass ausgerechnet bei der Tochter eines mir befreundeten Zahnarztes nach ASR im Seitenzahnbereich sich dort eine Karies gebildet hatte. Auch wenn dies nur ein einziges Mal bei über 10.000 beschliffenen Zahnflächen passiert ist und die Ursache nicht zwangsläufig die ASR sein muss, so bleibt einem diese Erfahrung für immer im Gedächtnis.

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