Not macht erfinderisch:

Sie gründete eine eigene Marke, welche - um in dem Wettbewerb bestehen zu können - gleichwohl ähnliche Aussagen formulierte. Aufgefallen ist dies dem Verfasser, weil diese Kollegin sogar die Namen der Mitbewerber in Google-Adwords-Anzeigen schaltete und somit auf ihr eigenes „Produkt“ aufmerksam machte. Damit ist es ihr gelungen, neue Patienten, die eigentlich nach Informationen über die Mitbewerber abfragen wollten, auf sich selbst zu locken. In der Folge dieser sehr exzentrischen Werbestrategie schaltete ich zunächst die Landeszahnärztekammer als Körperschaft des öffentlichen Rechtes ein, um hier vermittelnd tätig zu werden und diesen unkollegialen Missstand zu beseitigen.

Somnolent der Institutionen

Die LZKH verhielt sich jedoch nur abweisend, bzw. reagierte erst gar nicht auf meine Abmahnung. Trotz Vorlage der Ausdrucke welche die aggressiven Werbestrategien der Kollegin offenbarten, unternahm die Kammer nichts, um den kollegialen Frieden wiederherzustellen.

Bis dato - nach über 18 Monaten - gab die Kammer noch nicht einmal eine Antwort auf meine Aufforderung zur Streitschlichtung. Das Gegenteil war der Fall. Durch unsachgemäße Aufführung meines Namens, regte die Kammer an, dass die Kollegin mich vor einem Zivilgericht zu verklagen versuchte. Diese Klage wurde jedoch mangels erforderlicher Grundlagen eingestellt, d.h., ich trage meinen ausländischen Professorentitel zu recht und auch in der korrekten Form. Wie weit darf Medizin eigentlich abdriften.

Nach diesem erfolglosen Bemühen übergab ich die Angelegenheit meinem Rechtsanwalt. Dieser sorgte dafür, dass die Kollegin meinen Namen nicht mehr mit ihren Werbemaßnahmen in Verbindung bringen darf (Beispielsweise: „Polzar,... für 39,90 mache ich Sie glücklich“). Solche Aussagen könnten ja auch bei Internetbenutzern ganz andersverstanden werden!

Perfektion in Kürze

Im Zuge dieser Gerichtsbarkeit wurden dann auch ihre auffälligen Werbeaussagen Gegenstand der juristischen Überprüfung. So gab sie an, dass sie eine eigene „Methode“ entwickelt hätte, mit der sie in kürzester Zeit Zähne bewegen könne und dann auch „Perfekte Zähne“ garantiere. Die „eigenen Methode“ entpuppte sich jedoch als eine Light-Version der Firma ALG, welche auf 14 Schienen pro Kiefer beschränkt ist. Demgemäß hatte sie den Verbraucher über die Originalität ihrer Behandlungsbehelfe getäuscht. Ebenso ist ein Werbeversprechen mit Erfolgsaussicht nicht mit dem ärztlichen Ethos vereinbar. Wir können unsere Bemühungen in der Therapie garantieren, jedoch nicht einen Heilerfolg!

Es zeichnet sich ab, dass der Alignermarkt hart umkämpft ist. Leider haben es die Landeszahnärztekammern als Berufsverbände hier versäumt, mit Abmahnungen und Musterklagen für Klarheit zu sorgen. So ist zu erwarten, dass derartige „Start-Up´s“ auch in anderen zahnmedizinischen Bereichen abdriften werden und dann womöglich Veneers und Prothesen im Super-Schnellverfahren online anbieten werden. Dieser Gefahr ist sich die zahnärztliche Standesvertretung wohl noch nicht bewusst.

Dumping KFO

Da diese Unternehmen vorgeben, keine Heilbehandlung zu betreiben, unterliegen sie angeblich nicht der Kammeraufsicht, so zumindest die Aussage einiger Kammern, als Begründung ihrer Untätigkeit. Allerdings wäre dann die Überlegung angebracht, ob bei solch nur als „Kosmetik“ definierten Eingriffen nicht die so ungeliebte Umsatzsteuer fiskalisch zu erheben wäre. Auch entfiele mit dieser Betrachtungsweise dann das Gebot, sich an der GOZ halten zu müssen.

Es werden Dumpingpreise angeboten. Der kieferorthopädische Mindeststandard wird unterlaufen und die Werbetrommeln pauken gewinnorientiert immer weiter: So z.B. eine Anzeige der Firma Smiledirectclub: „Zähne effektiv korrigieren - Ergebnisse schon in 30 Tagen“. Interessant bei dieser Werbeaktion ist der Anschein der fachlichen Kompetenz. Es wird mit einer Kollegin geworben, die Referentin und Dozentin an der Charité in Berlin gewesen sei und es wird angegeben, dass sie eine promovierte, auf medizinisch-indizierte Kieferorthopädie spezialisierte Zahnärztin sei. Interessant!

Zukunft KFO-Kammer?!

Die Verwirrungen sind kaum zu überbieten. Diese Spezialisierung gibt es in Deutschland nicht. Neben dem Allgemeinzahnarzt, der im Prinzip auch alle Tätigkeiten des Fachzahnarztes verrichten darf, gibt es besagtes, scheinbares Superlativ nicht. Hier wären die Kammern wieder gefragt, unseren Berufsstand sauber zu halten. Diese kassieren allerdings nur allzu gerne unsere Mitgliedsbeiträge, haben jedoch kein Interesse, sich auch nur irgendwie für die Kieferorthopäden einzusetzen. Will die Kieferorthopädie in Zukunft noch bestehen bleiben, so ist die Überlegung - sich von der Zahnärzteschaft abzuspalten - sicherlich ein notwendiger Schritt. Wir brauchen unsere eigene Berufsvertretung mit eigener Kammer, wollen wir nicht in der Vernachlässigung der zahnärztlichen Organe untergehen.

Politik reagiert:

Ist auf unsere Politiker mehr Verlass als auf unsere Standesvertretung? Immerhin hat der Deutsche Bundestag nun ein Referendum erlassen, wonach am 21.3.2021 Regelungen beschlossen werden sollen, die derartigen Start-Up-Unternehmen einen Riegel vorschieben sollen. Selbst die Bundesregierung hat erkannt, dass jegliche Zahnbewegung eine medizinische Maßnahme ist, die nur von hierfür ausgebildeten und autorisierten Ärzten erfolgen darf, bei dem auch ein medizinischer Mindeststandard an Diagnostik und Therapie eingehalten werden muss. Schließlich ist jedwede aktive Zahnbewegung im juristischen Sinne eine Körperverletzung. Somit muss jede Bewegung von Zähnen eine ebenso fundierte medizinische Indikation aufweisen. Nun zurück zur besagten Kollegin. Diese warb sicherlich aus Verzweiflung wegen der so großen Konkurrenz, der aus dem Boden sprießenden Start-Up-Unternehmen mit zu heftiger Manier und vergaß dabei den Anstand und Respekt gegenüber den mitbewerbenden Kollegen. Lesen Sie im nachfolgend Auszüge aus einem Gerichtsbeschlusses, welcher als Abschrift bei uns erhältlich ist. Weiterhin die Kommentierungen meines Rechtsanwaltes für Medizinrecht, Herrn Dr. Severin Riemenschneider, hierzu sowie zur „Entwicklung einer eigenen Methode“.


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