Frage, Stadtjournal: Herr Prof. Dr. Polzar, Sie sagen, Ihnen platzt gleich die Hutschnur. Warum das?

Antwort: Wie kann denn heute eine Bürgerin und ein Bürger noch glücklich und zufrieden in dieser Gesellschaft leben, die mit so viel Gängelung und so viel Nonsens gefüllt ist? Viele Leute sind psychisch überlastet, das sehe ich auch in meiner Praxis. Mittlerweile reden meine Patienten nicht nur über kieferorthopädische Sachen, sondern auch über die Dinge, die sie belasten. Auch wenn ich keine psychologische Praxis bin und das auch nicht werden möchte, versuche ich, den Menschen zu helfen.

Frage, Stadtjournal: Der Frust in der Gesell-schaft ist also groß?

Antwort: So ist es und das Problem fing schon recht früh an. Vor einem Jahr sagte das Robert-Koch-Institut (RKI), eine Institution des Staates, „wir brauchen keine Masken“. Wie kann das sein, wenn Länder wie Taiwan oder Thailand kaum Probleme mit dem Coronavirus haben? In Taiwan werden nicht erst seit Corona Masken getragen, sondern schon immer, wenn es zum Beispiel zu eng in der U-Bahn wird oder wegen der Umweltverschmutzung. Aber uns hier in Deutschland sagt man, wir brauchen keine Masken und das, wo das Virus hochansteckend ist. So etwas darf nicht sein, so etwas darf eine Regierung nicht sagen. Das ist völliges Fehlverhalten.

Auch mich frustriert die ganze Situation. Sehen Sie, ich habe jetzt nach einem Jahr Pandemie das erste Mal von der Landeszahnärztekammer Hessen FFP2-Masken für meine Praxis bekommen. Nach einem Jahr! Ein Artikel, der nur ein paar Cent kostet, in China hergestellt wird und beim Auspacken nach Moder und Pilz müffelt. Das ist so unglaublich. Politiker, Apotheker machen sich die Taschen mit dem Masken-Geschäft voll und wir Ärzte müssen eine chinesische, nach Pilz riechende Maske tragen. Warum muss ich als Arzt eine chinesische Maske tragen?

FFP2-Masken

Warum werden die Masken nicht in Deutschland hergestellt? Es gibt genug Fabriken, die diese herstellen können. Ich habe letztes Jahr über 1.000 Euro alleine für Masken für mich und mein Personal ausgegeben. Von Desinfektionsmittel mal ganz abgesehen. Wir geben sehr viel Geld für Hygiene aus, viel, viel mehr als vorher. Haben wir Zahnärzte irgendeine Unterstützung vom Staat bekommen? Nein! Für Privatpatienten dürfen wir jetzt einen „erhöhten” Aufwand mit einer geringen einstelligen, nicht kostendeckenden Gebühr abrechnen. Bei Kassenpatienten tragen wir die Mehrkosten komplett selbst, da gibt es nichts. Da ist es kein Wunder, dass mir bald die Hutschnur reißt.

Frage, Stadtjournal: Für die Pandemie kann aber auch die Regierung nichts...

Antwort: Ja, es ist eine Pandemie, es ist eine außerordentliche Situation, da zeigt sich aber auch, wer was kann und wer eben nicht. Am Anfang der Pandemie hat Frau Merkel gepredigt, bleibt zu Hause. Aber das reicht bei Weitem nicht aus. Wenn ich da zum Beispiel Österreich sehe: Die lassen die Kinder in die Schule, testen sie aber auch zweimal die Woche. Österreich bekommt das hin, warum Deutschland nicht? Ja, weil es nicht genügend Selbsttests gibt. Und warum ist das so? Weil in Deutschland alles erst einmal geprüft werden muss, monatelang. Das nennt man Überregulierung, Überbürokratisierung. Genau das ist das, was unsere Gesellschaft kaputt macht, was frustriert, was entmutigt.

Corona Schnell Test

Ich muss mir meine Tests selber kaufen, um zu sehen, ob Not am Mann ist. Ob der Patient, der wenig später Corona-positiv getestet wurde, mich oder mein Personal angesteckt haben könnte. Wir kontrollieren uns selber, aus eigenem Interesse, und bezahlen das ganz aus eigener Tasche. Hier hat unsere Regierung versagt.

Frage, Stadtjournal: Sie sagen also, dass mehr getestet werden muss?

Antwort: Ganz genau, denn wenn wir jetzt alle testen, passiert Folgendes: Es gibt die Heinsberg-Studie, es gibt eine Studie aus den USA und die Bozen-Studie und alle drei Studien haben eine Sache gezeigt: Von einem auf Corona positiv Getesteten, von dem wir wissen, gibt es neun, die wir nicht kennen. Das heißt, die Dunkelziffer ist neunmal so hoch. Ich sage nur Durchseuchung. Wie weit ist sie eigentlich schon fortgeschritten? Das wird gar nicht mitbedacht. Man kann es im Nachhinein auch nicht mehr feststellen, denn nach einem halben Jahr haben über die Hälfte der Corona-Positiven keine Antikörper mehr. Sie sind zwar noch resistent, aber die Antikörper sind nicht mehr nachweisbar. Auch das spricht dafür, dass man rechtzeitig viel mehr kontrollieren muss, um das zu erfassen, was wirklich abgeht. Auch hier sieht man, dass die Regierung total versagt hat. Nicht nur bei den Masken, auch bei den Tests beziehungsweise Selbsttests. Totales Versagen und jetzt kommt das Impfen.

Frage, Stadtjournal: Was läuft beim Impfen denn Ihrer Meinung nach falsch?

Antwort: So einiges. Ich zähle nicht nur wegen meines Berufes, sondern auch aufgrund einer Vorerkrankung zu dem Personenkreis, der sich jetzt schon impfen lassen kann. Also habe ich versucht, einen Termin über die 116 117 zu bekommen. Nach dem dritten Anlauf hat es endlich geklappt und ich wurde auf eine Liste gesetzt. Vier Wochen lang tat sich nichts, kein Rückruf, kein Termin. Dann überraschte mich eine E-Mail, in der stand, ich könnte vorgezogen werden und müsste nur die angegebene Telefonnummer anrufen. Nach einem Telefonmarathon hatte ich endlich einen Termin. Dieser Marathon setzte sich beim Impfen fort.

Corona und das Impfen

Nach fünf – menschlichen – Kontakten und dreimaliger Kontrolle meiner Daten hieß es warten. Warten auf den Impfstoff, der nicht im Impfzentrum lagert. Das ist unglaublich. Die Anlieferung des Impfstoffes funktioniert einfach nicht. Erst nach einer geschlagenen Stunde gab es die Impfung. Alleine an diesem Tag hatte ich elf Kontakte! Elf Kontakte und das zu Corona-Zeiten...! Nichts funktioniert, Prävention funktioniert nicht, Aufklärung funktioniert nicht, Kontrollen, Selbsttests funktionieren nicht und Impfen schon gar nicht. Dazu kommt noch, dass Deutschland beziehungsweise die EU den eh schon knappen Impfstoff exportiert.

Frage, Stadtjournal: Was könnte man dagegen tun?

Antwort: Wir können dagegen schon etwas tun, denn alle vier Jahre wird in Deutschland gewählt. Ich glaube, dass die Regierung, die wir aktuell haben, schon viel zu lange an der Macht ist. Das ist so eingeschlafen und es ist so schlimm geworden, dass die Leute, die die Gesellschaft am Leben halten, nämlich die Kleinunternehmer und die normal schaffenden Arbeitnehmer, die Steuern bezahlen, das gar nicht mehr schaffen. So kann unsere Gesellschaft nicht mehr weiter existieren und auch keine Hochleistung mehr bringen. Eigenverantwortung, Fördern, Belohnen, das ist das Richtige!

Frage, Stadtjournal: Was muss sich denn aus Ihrer Sicht ändern?

Antwort: Es muss zweimal getestet werden. Ärzte müssen impfberechtigt sein. Deutsche Forscher, die Impfstoffe entwickeln, müssen gefördert werden, statt ihnen die Staatsanwaltschaft aufzuhetzen. Die Bürokratie muss runter. Es ist eine Gängelung der Gesellschaft und die Politik hat keinen Konsens. Wer diese Regierung noch mal wählt, ist selbst schuld. Es muss aufhören mit der Bürokratie, es muss eine Umverteilung geben. Wir haben unheimlich viele Kapazitäten und Ressourcen, die werden im Keim erstickt, von Politik und Bürokratie. Es ist eine völlige Fehlleitung. Und ein Herr Spahn gehört nicht auf den Posten eines Gesundheitsministers. Er hat keine Ahnung von Medizin und Gesundheit. Ich bin dafür, dass ins Gesundheitsministerium Leute kommen, die eine medizinische Ausbildung haben, wie Herr Lauterbach, unabhängig von der Parteizugehörigkeit. Das Virus kennt keine Ministerialbürokratie (und lässt sich dieser auch nicht unterordnen oder mit dieser bekämpfen).